Worüber traust Du dich nicht zu sprechen?
Und mit wem?
Was sind Deine Tabu-Themen?
Was bedeutet für Dich Frieden?
Der Begriff tabu kommt aus dem Polynesischen und bedeutet „heilig“, „verboten“ und
„eingeschränkt“. Ursprünglich wurden mittels des tabu „heilige“ Stätten, Kultobjekte, Totemtiere, bestimmte Riten als geschützt oder verboten erklärt. Das tabu erschuf eine Trennlinie zum Alltäglichen und hütete die Ordnung und das Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft.
Auch in unseren modernen Gesellschaften finden wir die regulierende, gleichzeitig auch
repressive Wirkweise von Tabus. Verliert sich eine Gesellschaft in alten festgefahrenen Mustern und büßt an Lebendigkeit und Frische ein, drohen auch die Tabu-Felder überhand zu nehmen und zu einer destruktiven Macht zu werden. Steht es an, uns als Gemeinschaft zu wandeln und aus dem Erstarrten den Aufbruch ins Neue zu wagen – dann ist es an der Zeit, auch unsere Tabus zu hinterfragen und anzugehen.
Judith Maria Günzl und Susanne Brian möchten sich dieser Fragen annehmen und sichere Forschungsräume für Tabus eröffnen.
Uns eint die Sehnsucht nach Frieden. Nur, welchen Frieden meinen wir?
Es scheint dazu die unterschiedlichsten Perspektiven zu geben.
In Beziehungen, Gruppen, auf Festivals gibt es oft einen mehr oder weniger subtilen
Anpassungsdruck. Und um die „Harmonie“ nicht zu stören, werden eigene Grenzen, Bedürfnisse, Wahrnehmungen oft übergangen oder zur Seite geschoben. Die Ängste, ein Außenseiter der Gruppe zu sein und Bindungsverlust zu erleiden, spielen dabei eine große Rolle. Wenn es so kollektiv, meist unbewusst und stillschweigend eine Einigung darüber gibt, Tabus nicht anzurühren, bleiben Frieden und Harmonie oberflächlich. Und oft bröckelt die Fassade recht schnell bei der ersten handfesten Herausforderung oder Krise.
Ein gutes Beispiel hierfür im gesamtgesellschaftlichen Geschehen ist die Corona Zeit.
Wie gingen in unserer friedensliebenden, demokratischen Gesellschaft an sich freundliche Menschen mit den Menschen um, die eine andere, „falsche“ Meinung hatten?
Das durchzieht bis heute unser gesellschaftliches Miteinander.
In politisch polarisierten Themen wie dem Ukrainekrieg, dem Konflikt Israel/Palästina, Klima, Gender, Rassismus, Migration... ist schnell nur noch eine Sichtweise erlaubt und die andere verwerflich, was eine gewaltige Spaltungswunde in der Bevölkerung kreiert.
Die Tabu-Felder, was und wie wir sprechen und meinen dürfen, weiten sich immer weiter aus. Tabu-Dynamiken zeigen sich auch in unseren persönlichen Beziehungen.
Wir wissen intuitiv, welche Themen eine Ladung haben, und vermeiden, sie anzusprechen.
Aber ist es wirklich eine Option, sie wegzulassen?
Was ist das für ein Frieden, der sich nicht heranwagt an Jenes, was im Unfrieden ist?
Bei uns Frauen sind zum Beispiel Themen von Neid, Konkurrenz und Macht Tabu und werden selten offen kommuniziert.
Sich selbst oder andere klein halten oder über andere hinweggehen, eigene Interessen
durchsetzen, eine Scheinharmonie von „so tun als ob“, übereinander statt miteinander sprechen - kennst Du das auch?
Wir, Susanne und Judith, möchten mit DAS TABU IM RAUM einen modern-rituellen Heiligen Raum erschaffen, in dem besonders das Verletzliche und Schamvolle geschützt sind. Es ist uns wichtig, ein von Ressourcen und Anbindung getragenes Feld aufzubauen und uns auf elementare kommunikative Regeln zu einigen, bevor das Thema „Tabus“ angegangen wird - auf achtsame, wertungsfreie und gerne auch spielerische Weise. Es ist uns klar, dass es sinnvoll ist, sich zunächst einer sicheren Verbindung untereinander bewusst zu sein, bevor wir „Minenfelder“ betreten.
Unsere Vision ist, wir hätten Felder und Gemeinschaften, in denen das Individuum im Wir erblühen kann, ohne sich selbst verleugnen und schmälern zu müssen.
Wie können wir uns darin unterstützen, uns wirklich ehrlich und authentisch zu zeigen?
Wie gehen wir mit unseren Ängsten vor Bestrafung, Liebesentzug und Ausschluss um?
Wie sähe eine gelebte Kultur aus, in der das Aussprechen von Tabus willkommen ist und als Erweiterung und heilsames Korrektiv empfunden wird anstatt als Störung.
Danach sehnen wir uns und sind bereit, dafür zu gehen.
Beim Frauen feiern Frieden-Festival möchten wir gerne ein fruchtbares Feld dafür bereiten.
Susanne und Judith
Mein Mitwirken an dem Festival „Frauen feiern Frieden“ ist zum einen musikalischer Natur, gemeinsam mit anderen Musikerinnen über Seelengesang, dem heilsamen Wirken von Klängen, die aus Stille und Verbindung auftauchen, unser Feld zu bereichern und zu nähren.
Zum anderen wird mein Wirken ein Sensibilisieren für Tabus sein, und einen modern-rituellen Erlaubnisraum für Tabus zu öffnen, gemeinsam mit Judith Maria Günzl.
Ehrlich zu sein mit sich und anderen scheint mir elementar wichtig für ein authentisches, friedliches Miteinander. Oft schreiben wir uns Frieden auf die Fahnen, unterdrücken aber gleichzeitig unsere Gefühle (was ich als einen Akt der Gewalt erlebe) oder pfegen oberfächliche Beziehungen, weil wir uns nicht trauen, ehrlich zu sagen, wie es uns miteinander geht. In Folge staut sich so einiges auf, was sich dann an Kleinigkeiten explosiv entladen kann. Oft in Form von Projektion.
In meiner Vision beginnt Frieden in mir. Und dieser Frieden braucht Selbstehrlichkeit. Braucht, dass ich bereit bin, meine eigenen Täteranteile zu erkennen, anzuerkennen und den Schmerz, sowie die Kraft dahinter zu befreien. Frieden braucht Selbsterkenntnis.
Wo halte ich Gefühle klein, wo agiere ich sie unbewusst aus, wo flüchte ich vom Körper in den Verstand und spüre mich nicht mehr wirklich, wo bewerte und verurteile ich und tue gleichzeitig so, als täte ich es nicht? Wo halte ich Groll in mir fest, wo versuche ich, ein „guter Mensch“ zu sein und verdränge dabei alle Aspekte, die nicht in das Bild des „guten Menschen“ passen? Wo will ich andere verändern – durch moralisieren, manipulieren, Liebesentzug oder Druck – wenn mir ihr Verhalten nicht gefällt, weil es Gefühle auslöst, die ich nicht fühlen möchte? Wo bin ich anfällig für
Ideologie?
In meiner Vision geschieht Frieden, wenn der Wunsch, ins geerdete Vertrauen zu sinken, grösser ist/wird als der Wunsch nach Kontrolle. Frieden geschieht bereits, wenn ich mir der Freiheit der Wahl bewusst bin. Wenn ich mir des Kontrollieren Wollens bewusst werde und darauf verzichten kann.
Frieden entsteht aus bewusstem Atmen, Spüren und Fühlen.
Wenn Raum zwischen Reiz und Reaktion entsteht und damit die Freiheit der Wahl.
Frieden entsteht aus der Anbindung an und ein Geführtsein durch ein Höheres Selbst, das das Wohl des Ganzen empfinden und daraus handeln kann, ohne es irgendwem aufdrängen zu müssen. Frieden ist für mich, im Frieden zu sein mit dem, was ist, und sei es Wut oder Widerstand. Frieden ist, einen Raum des Bewusstseins zu öffnen um alles, was in mir entsteht. Frieden ist im Lauschen. Frieden fnde ich in der Präsenz. Friede geht nicht ohne Mitgefühl.
In Zeiten extremer struktureller Gewalt von Außen ist es eine hohe Kunst und ultimatives
Training, in sich und dem eigenen Umfeld Frieden zu kultivieren und zu bewahren. Und wann immer dies gelingt speist es sich ein ins grosse Bewusstseinsfeld und ist defnitiv ein Beitrag für den Frieden. Im Kleinen wie im Grossen.
Da Frieden aber auch abhängt von friedensfördernden Strukturen, braucht es auch eine Klarheit darüber, welche Strukturen (oft auch subtil) zerstörerisch wirken. Das derzeitige Geldsystem zum Beispiel ist kriegsfördernd. Es fördert Konkurrenz und Egoismus, erschafft Mangel und Armut auf der einen Seite und unermesslichen Reichtum und Macht für Wenige auf der anderen Seite. Es korrumpiert Menschen, macht sie erpressbar und abhängig. Kurzum, es ist ein Herren-/Sklavensystem, das Menschen gegeneinander aufbringt, statt sie zu motivieren, zusammen zu arbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen, wie es ihr eigentliches Naturell wäre.
Dadurch, dass auch das Bildungswesen, das Gesundheitssystem, die öffentlichen Medien und die Politik durch dieselben mächtigen Kartelle gesteuert werden, sind ein Großteil der Menschen in falschem Wissen und Glauben gefangen und verteidigen sogar noch ihr Gefängnis. Immer noch denken sehr Viele, wir lebten in einer Demokratie mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, unsere Interessen seien gut vertreten durch unsere Politiker, wir seien gut informiert durch die öffentlich-rechtlichen Medien, gut versorgt durch unser Gesundheitssystem etc. Nichts ist derzeit weiter weg von der Wahrheit als das.
Solange das Gefängnis (die Matrix, die geistigen Programmierungen) nicht als solches erkannt wird, können wir uns daraus auch nicht befreien als Kollektiv. Individuen sehr wohl. Bekanntermaßen zetteln die Machteliten gern Kriege an, bevor ihr vor allem ihnen diendendes Fiat-Zins-Geldsystem auffliegt. Das geschieht alle 60 bis 80 Jahre.
Es reicht also nicht allein, dass wir Frieden in uns und unserem Umfeld hervorbringen – obwohl dies schon sehr wertvoll ist – wir müssen auch die Strukturen durchschauen und aufhören, sie zu bedienen. Gleichzeitig braucht es, dass wir neue, fruchtbare, heilsame Strukturen aufbauen. Frieden und Freiheit beginnen also nicht nur im Herzen, sondern auch im Kopf und sie brauchen die Wahrheit als ihren Partner, wenn nicht sogar als ihre Grundlage.
Für Frieden
Susanne